2011

Krebs ist nach Herz- Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. In den letzten Jahren ist zwar eine Vielzahl neuer Medikamente entwickelt worden, die zu einer effektiveren Tumorbekämpfung beigetragen haben. Keine dieser Therapien vermag jedoch im fortgeschrittenen Stadium den Patienten komplett von seiner Krankheit zu befreien. Vielmehr wirken sie nur temporär und vermögen allenfalls, das Tumorwachstum für eine gewisse Zeit abzubremsen oder zu blockieren. Hinzu kommen häufig schwere Nebenwirkungen, die den Nutzen dieser Behandlungsansätze deutlich einschränken.

Unzufriedenheit mit der konventionellen Behandlung und der Wunsch, die Tumortherapie aktiv zu unterstützen und zu begleiten haben dazu geführt, dass sich Patienten gerade im fortgeschrittenen Tumorstadium vermehrt mit naturheilkundlichen Verfahren auseinandersetzen. Leider ist bei vielen dieser sogenannten alternativen oder komplementären Therapien unklar, ob diese überhaupt einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf ausüben und welchen Nutzen sie für den Patienten bieten. An der Urologischen Klinik der Goethe-Universität Frankfurt unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Felix Chun und Prof. Dr. Roman Blaheta sowie an der Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie der Universitätsmedizin Mainz unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Axel Haferkamp und Frau PD Dr. Eva Jüngel werden in enger Kooperation Forschungsprojekte durchgeführt, die zum Ziel haben, die therapeutische Wirksamkeit verschiedener Pflanzeninhaltsstoffe herauszuarbeiten. Hierzu zählen beispielsweise Sulforaphan, ein aus Broccoli isolierter Inhaltsstoff und das aus der Gelbwurzel gewonnene Curcumin.

Einen wichtigen Schwerpunkt am Standort Frankfurt bildet Amygdalin, das in Aprikosenkernen, Pfirsichkernen oder bitteren Mandeln hoch angereichert vorliegt. Über seine Bedeutung wird besonders kontrovers diskutiert. Befürworter betrachten Amygdalin als natürliches Mittel zur Behandlung von Tumorerkrankungen, Gegner sehen in Amygdalin hingegen ein unseriöses Wundermittel. Beide Aussagen sind nicht überprüfbar, da detaillierte Studien zu diesem Thema fehlen. Die Frankfurter Wissenschaftler haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Wirksamkeit von Amygdalin sowie weiteren Natursubstanzen auf das Wachstum und die aggressive Ausbreitung (Metastasierung) von Tumorzellen zu untersuchen. Im Vordergrund steht dabei stets die Frage, in welchem Rahmen Naturstoffe zur Tumorbehandlung eingesetzt werden können und wie sie wirken. Gleichzeitig möchte die Goethe-Universität beratende Sprechstunden für betroffene Patienten anbieten, um Möglichkeiten alternativer oder komplementärer Therapieverfahren im gemeinsamen Dialog sachlich zu besprechen. Um einer solchen Betreuung auch gerecht zu werden, werden klinische Studien durchgeführt, bei denen über Fragebögen ein genaues Meinungsbild zum Patientenwunsch erstellt wird.

Aufruf zur Studienteilnahme

An der Goethe-Universität Frankfurt unter Leitung von Prof. Blaheta wird derzeit eine Umfragestudie unter Ärzten, Naturheilkundlern und Patienten gestartet, die Amygdalin therapeutisch einsetzen bzw. einnehmen.

Ziel der Studie ist es, Amygdalin als potentielles Therapeutikum wissenschaftlich zu bewerten.

Interessenten, auf die das Anforderungsprofil zutrifft, werden aufgerufen, sich an folgende Adresse zu wenden:

Prof. Dr. phil. nat. Roman Blaheta

Leiter Urologisches Forschungslabor
Universitätsklinikum Frankfurt
Klinik für Urologie
Theodor-Stern-Kai 7
D-60590 Frankfurt

Telefon: +49 69 6301-7109
Fax: +49 69 6301-7108
Mail: Roman.Blaheta@kgu.de
Mail: blaheta@em.uni-frankfurt.de
Web: www.kgu.de

2019

Im Fokus des Standorts Mainz stehen Substanzen aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die als potentiell vielversprechende Substanzen im Kampf gegen Krebs auch in der westlichen Welt immer mehr Einzug halten. Derzeitig wird in Mainz insbesondere die Wirksamkeit von Artesunat untersucht, hergestellt aus einem Pflanzeninhaltsstoff des einjährigen Beifußgewächses (Artemisia annua). Seit über 2.000 Jahren wird dieser Naturstoff erfolgreich in der Behandlung anderer Erkrankung eingesetzt. Erste Studien an Tumorzellen und Patienten lassen vermuten, dass Artesunat auch eine Wirkung gegenüber Krebserkrankungen entfaltet. Da die Entwicklung von Therapieresistenzen unter schulmedizinischer Behandlung ein großes Problem darstellt, soll in Mainz insbesondere untersucht werden, ob Artesunat eine Wirkungssteigerung der etablierten Therapien erzielen kann und Resistenzen aufzuheben bzw. zu umgehen vermag. Die Mainzer Wissenschaftler wollen dazu u. a. das progressive Wachstums- und Ausbreitungsverhalten der Tumoren unter Artesunat-Behandlung untersuchen. Trotz der Bedeutsamkeit der Thematik sind hierzu wissenschaftlich fundierte Daten zurzeit nur ansatzweise vorhanden.

Die Frankfurter und Mainzer Forschergruppen stehen in engem Austausch miteinander und ergänzen sich sinnvoll. Regelmäßige Arbeitstreffen dienen dazu, wissenschaftliche Fragestellungen gemeinsam zu erörtern, Probleme aus dem klinischen Alltag zielgerichtet aufzugreifen und Sinnvolles von „Sinnlosem“ unterscheiden zu können. Nur so gelingt es, dem Patientenwunsch nach Aufklärung rasch nachzukommen und die Effektivität einzelner Pflanzeninhaltsstoffe ausführlich zu bewerten. Sämtliche erarbeitete Daten sollen dabei nicht nur dem Patienten, sondern auch dem behandelnden Arzt als seriöse Informationsplattform dienen und dazu beitragen, die integrative Medizin vermehrt in die Tumorbehandlung einzubauen.